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Abstimmungskartographie

Wir Schweizer Stimmberechtigten hatten letzten Sonntag über zwei Vorlagen abzustimmen. Die Vorlage über die Kinderzulagen wurde deutlich angenommen, diejenige über das Osthilfegesetzt nur relativ knapp mit 53% Ja-Stimmen. Wie üblich wurden die Resultate in den Medien auch kartographisch umgesetzt. Ich hatte nicht die Zeit, mir alle möglichen Karten anzuschauen, aber eine Karte aus dem Bund ist mir besonders aufgefallen. Die Karte steht im Artikel “Die grosse Einigkeit der Städter” (Der Bund, 27.11.2006, S.3; für 30 Tage als PDF verfügbar). Hier ein Screenshot der Karte:

Nun, ein mit dem Abstimmungsergebnis nicht vertrauter Beobachter könnte aufgrund der vielen roten Flächen durchaus auf die Idee kommen, dass die Nein-Stimmen (rot) ziemlich deutlich in der Mehrheit sind. Wie oben schon erwähnt, war dem aber nicht so. Es ist einfach schade, dass die Aussage dieser an sich interessanten Karte dadurch verfälscht wird, dass die Fläche überbetont wird. Es ist eben sehr heikel, Informationen wie Ja- und Nein-Stimmenanteile anhand von Gemeindeflächen darzustellen. Bei einer Abstimmung hat die Fläche einer Gemeinde keinerlei Bedeutung, sie steht in keinem Zusammenhang mit der Einwohnerzahl. Daher sollte sie auch nicht kartographisch in den Vordergrund gestellt werden. Dies ist natürlich kein neues Phänomen in der Kartographie, es fällt mir halt immer wieder auf. Alternative Darstellungsarten sind z.B. Kuchendiagramme (Anteil Ja/Nein in Kuchenstücken, Grösse des Kuchens proportional zur Einwohnerzahl) oder auch Kartogramme (s. Beispiele zur letzten US-Präsidentenwahl). Die Karte ist — genau wie der Zeitungsartikel, zu dem sie gehört — ein Informationsträger und sollte dementsprechend mit der gleichen Sorgfalt entworfen werden.

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